Dänemark

(Für alle Bilder gilt: Vergrößern durch Anklicken!)

Ach, wie lange war ich eigentlich nicht in Dänemark? Na, ein paar Jahre wird es schon her sein. Aber wie lange war ich eigentlich nicht in Lolland, der dänischen Insel nördlich von Fehmarn? Mal überlegen.... Ja! 1982 zuletzt! Dann wird es mal wieder Zeit für einen Besuch bei unserem nördlichen Nachbarn. Also: Nich’ lang schnacken - Rucksack packen! Am Samstag, 19.05.12, geht es morgens gegen 7 Uhr vom Bahnhof Timmendorfer Strand los mit der Bahn Richtung Puttgarden (Fehmarn). Dort angekommen wird ein Ticket für das Fährschiff gelöst. 6 Euro für eine Fahrt incl. Rad und Fahrer möchte der Fährbetrieb Scandlines haben - ein unschlagbarer Preis. Dafür ist an Bord der Fährschiffe natürlich auch alles, was es zu essen und zu trinken gibt, reichlich teuer. Ich stehe nun also mit meinem Rad neben einer Schlange Autos in Reihe 1 und warte.... nicht lange, denn der Mann vom Bodenpersonal winkt mich heran und lässt mich als Erster in das Unterdeck des Schiffes einfahren. Ich stelle mein Fahrrad am Bugende des Decks ab und gehe 4 Stockwerke nach oben. Gerade kann ich noch das Auslaufen aus dem Hafen Puttgarden beobachten.

Und schon schlagen die meterhohen Wellen auf das Fährschiff, Gischt peitscht einem um die Ohren, Menschen und Material werden von Bord gespült, das Schiff schlägt von einer Seite auf die andere.... Nee, natürlich zum Glück nicht, denn die Ostsee ist heute recht glatt, kein Grund für Anfällige, seekrank zu werden. Zweimal begegnen uns Schwesterschiffe der Reederei, echtes Hochseegefühl will nicht aufkommen, denn in der Mitte des Fehmarnbelts sieht man zurück noch Deutschland, während voraus Dänemark auftaucht.

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Nach dem Einlaufen in den Hafen von Rødbyhavn darf ich auch mit meinem Rad als erstes Fahrzeug das Schiff verlassen. Aber wohin? Wegweiser zur Autobahn sehe ich, aber keine Hinweise für Radfahrer. Ich steuere also zwei Polizisten an und frage, wie ich das Fährgelände verlassen könne. “Gar nich’”!, grinst der Eine. “Ssie müssssen hierbleiben.” Nach einem kleinen Smalltalk erklärt er mir den Weg nach Rødby. Ich bin sicher nicht der erste Radfahrer, der ihn nach dem Weg fragt....
6 km sind es bis Rødby Ortsmitte. Ich fahre langsam durch die “Hauptstraße” und raste kurz am Torvet mit dem Gänsebrunnen. Um diese Zeit ist der Ort noch stark verschlafen, hin und wieder sieht man Leute zum Bäcker gehen, um Frühstücksbrötchen zu holen.
Ich rolle weiter Richtung Nordosten und finde bald den Anfang des Radweges nach Maribo. Die Besonderheit an diesem Radweg ist, dass er auf der Bahntrasse der ehemaligen Zugverbindung Rødbyhavn - Maribo entlang läuft. Teilweise schnurgerade mit vereinzelten Rastmöglichkeiten radelt man hier vorbei an duftenden Fliederhecken und in herrlicher Ruhe, erholsame 15 km lang.

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Im Ort Holeby sieht man noch den alten Bahnsteig und die Bahnstation. Im Übrigen sind die Radwege hier super ausgeschildert. Wer sich hier verfährt, ist selber Schuld.

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Inzwischen ist es wärmer geworden, die Sonne glimmt durch eine dünner werdende Wolkendecke, die Jacke habe ich schon lange ausgezogen. Gegen Mittag komme ich in Maribo an. Maribo - nicht zu verwechseln mit Malibu in Kalifornien, da war ich auch schon, aber nicht mit dem Fahrrad :-D - eine gemütliche Kleinstadt mit einer Gågade (Fußgängerzone), die allerdings auch schon eine Reihe von Geschäften aufweist, die aufgegeben werden mussten. Ansonsten ist Maribo umgeben von einer hübschen Landschaft, die im Gegensatz zum flachen Süden Lollands leicht grundmoränenartig gewellt ist, ohne extreme Steigungen aufzuweisen. Der größte See in der Umgebung ist der Søndersø, an dem auch der Dom von Maribo liegt.

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Aber auch in Maribo, wie vorher in Rødby und Holeby, finde ich auch nach längerem Suchen keine einzige Pølser-Bude, also einen Stand, an dem man die früher so typischen dänischen Hotdogs verzehren konnte. Es ist etwas faul im Staate Dänemark! Überall werden Gyros, Döner, Pizzen und Chinesisches angeboten, aber darauf habe ich keinen Appetit. Daher schiebe ich mir einen Teil meines sicherheitshalber mitgebrachten Brotes und zwei Eier zwischen die Kiemen und radele dann durch die begüterten Teile Maribos und an Golfplätzen vorbei Richtung Osten. Leider muss ich auch gut drei Kilometer auf einer viel befahrenen Straße ohne Radweg zurücklegen (das unangenehmste Teilstück der Fahrt) und bin froh, dass ich bald auf eine einsame Straße Richtung Engestofte abbiegen kann. Hier geht es am Søndersø vorbei auf kurvigen Straßen und durch Wälder. Immer wieder sehe ich die für Lolland typischen ockergelben Häuser mit dem Danebro vor dem Haus. Habe ich noch in Maribo vor mich hingesummt “Waaaan reißt der Himmel auf?”, heißt es plötzlich “Daaaan reißt der Himmel auf!”, denn innerhalb einer Viertelstunde sind die letzten Wolken verschwunden. Nun werden die Straßen wieder gerader, verlaufen entweder in Nord-Süd- oder in Ost-West-Richtung. Ja, bin ich denn hier im flachen Teil der USA? Hin und wieder begegnen mir andere Radwanderer. Man grüßt sich hier “Hej” und hebt die Hand. Angenehm :-) .
Ich muss immer noch an die Pølser-Buden denken und an meinen ersten Urlaub 1969 ohne Eltern. Damals waren wir Kumpels Manfred, Wolfgang, Ulli und ich in Dänemark, zunächst Manfred und ich allein. Wir übernachteten damals in Esbjerg im Straßengraben mit Laub zugedeckt, in Haderslev auf einer Parkbank mit Zeitungen zugedeckt, in einer öffentlichen Toilette und in einem Waschsalon, der die ganze Nacht geöffnet war. Dann stießen Ulli und Wolfgang zu uns. Ulli fuhr einen Renault Dauphine, den wir immer mittels einer Kurbel unter der vorderen Stoßstange starten mussten. Das Übernachten war von nun an bequemer, denn wir schiefen zu Viert in Ullis Wagen und ich durfte, da ich schon den Führerschein hatte, auf dem Beifahrersitz pennen. Damals ernährten wir uns eine Woche lang ausschließlich von røde Pølser und ristede Hotdogs. Wäre die Situation die von heute, wären wir damals verhungert.... :-D Tja, Summer of ‘69....

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Über solche Gedanken komme ich dann am landschaftlich herrlichen Røgbølle Sø an.

 

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Glasklares Wasser, heller Seeboden und eine göttliche Ruhe! Welch Balsam für die Seele!
 

Nach einer längeren Pause geht es über so weltbekannte Orte wie Alsø, Bøsserup, Fuglse, Kjærstrup an idyllischen Bauernhöfen und über schattige Alleen weiter nach Errindlev, wo ich endlich auf eine der typischen dänischen Treppengiebelkirchen treffe. Leider auch hier keine Pølser-Bude...

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Allmählich rieche ich die Ostsee wieder: Über Bjernæs geht es weiter Richtung Süden, aus der Teerstraße wird ein Kiesweg, aber gut zu befahren.
Da! Im Hintergrund tauchen Hügel auf. Sie entpuppen sich als Dünen, hinter denen sich die Ostsee in Form des Fehmarnbelts versteckt.

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Ferienhäuser liegen versteckt im Küstenwald und ich radele mit Rückenwind bei 22 Grad auf dem Deich entlang, mache ein paar Stops in den Dünen, weil in der Ferne schon der Hafen von Rødbyfærge auftaucht. Allmählich beginnt auch der Hintern zu schmerzen. Nanu? Ich habe doch als Entfernung in Dänemark ca. 60 km eingeplant und mein Hintern meldet sich erst nach 80 km? Ich schaue lieber nicht auf meinen Kilometerzähler. Wie sich später herausstellt, habe ich tatsächlich mit An- und Abfahrt zum Bahnhof Timmendorfer Strand 91 km zurückgelegt. Aha!
 In Rødbyfærge verfahre ich mich wegen mangelhafter Ausschilderung für Radfahrer auch noch, muss 3 km Umweg in Kauf nehmen und komme dann aber am Fährhafen an. Eine Familie mit zwei Kindern wartet mit mir wieder auf der Spur 1 (wie in Puttgarden), aber dieses Mal kommen wir als Letzte ins Schiff!

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Fazit: Eine tolle Fahrt, 91 Radkilometer, leicht muskelkaterige Oberschenkel am nächsten Tag. Dänemark ist mit dem Fahrrad allemal eine Reise wert. Gut ausgeschilderte und ausgebaute Radwege erleichtern die Tour. Die Insel Falster wäre doch auch mal ein gut erreichbares Ziel........... ;-)

Nach dem Auslaufen des Schiffes begebe ich mich 5 Stockwerke hoch aufs Sonnendeck, schlürfe genüsslich ein kühles Carlsberg-Bier und genieße mit den Mitreisenden die 45-minütige Überfahrt nach Deutschland.

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